Ethikkodex Pflegeforschung

Mit diesem Kodex legt die Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) die ethischen Standards der empirischen Pflegeforschung fest, die für die Forschung verpflichtend umgesetzt werden müssen.
Der nachfolgend formulierte Ethikkodex soll insbesondere Pflegeforschende für ethisch relevante Problemlagen in der empirischen Pflegeforschung sensibilisieren und dazu auffordern, das eigene Forschungsvorhaben in allen Schritten kritisch zu reflektieren. Gleichzeitig soll der Kodex Pflegeforschende vor Anforderungen und Erwartungen an die Durchführung ihrer Forschungsarbeit schützen, die sie in ethische Konflikte bringen könnten.

Empirische Pflegeforschung befasst sich mit einer breiten Thematik, die der Komplexität der Pflege versucht gerecht zu werden. Sie untersucht sowohl die Perspektiven von Pflegebedürftigen und denen, die einmal pflegebedürftig werden könnten. Sie befasst sich mit der Arbeit der Pflegenden, der Interaktion zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen mit ihren An- und Zugehörigen und der Effektivität und Effizienz der Maßnahmen. Sie studiert die Einbettung pflegerischen Handelns in komplexe Organisationen und Kooperationen sowie in der privaten häuslichen Umgebung.

Entsprechend der breiten Themenlandschaft nutzt sie unterschiedliche methodologische und methodische Herangehensweisen. Die Weiterentwicklung von Methodologien und Methoden der Forschung können neue forschungsethische Fragen aufwerfen.

Voraussetzungen

  • Pflegeforschende befassen sich mit für die Pflegewissenschaft und Pflege relevanten Themen, deren Bedeutungen sie begründen.
  • Pflegeforschende sind den bestmöglichen Standards in der Forschung verpflichtet. Dies bedeutet vor allem Angemessenheit der Methodik, Transparenz und Nachvollziehbarkeit in jedem Schritt des Forschungsprozesses.
  • Pflegeforschende reflektieren die Prämissen der Forschungsethik in ihrem geplanten Vorhaben und wägen ethisch begründet zwischen möglichen Optionen ab.
  • Die gesetzlichen Regelungen der Datenvermeidung und Datensparsamkeit sind einzuhalten.

 

Teilnehmende

Übergreifende Ziele sind der Schutz der Würde, der Rechte, der Sicherheit und des Wohlergehens aller tatsächlichen oder potentiellen Teilnehmenden an Forschungsprojekten.

  • Die Ziele von Forschungsprojekten, auch wenn sie für besonders wichtig erachtet werden, dürfen sich nie über das Wohlergehen, die Würde und den Respekt von Teilnehmenden an Forschungsprojekten hinwegsetzen.
  • Grundlage einer jeden Teilnahme muss uneingeschränkte Freiwilligkeitsein, Teilnehmende müssen sich informiert und autonom entscheiden können (Informed Consent). Sie müssen sich bewusst sein, dass sie eine Anfrage zu jedem Zeitpunkt
    ablehnen können, ohne dass hieraus negative Konsequenzen für sie entstehen können.
  • Das setzt voraus, dass potentiell Teilnehmende in die Lage versetzt werden, ihre Rolle und ihren Aufwand für ein Projekt beurteilen zu können. Informationen für potentiell Teilnehmende sind daher schriftlich, für die Zielgruppe verständlich, kurz, aber ausführlich genug, evtl. mündlich ergänzt und vor allem mit ausreichend Zeit für eine Entscheidungsfindung zu versehen.
  • Eines besonderen Schutzes bedürfen die Teilnehmenden, deren Autonomie eingeschränkt sein könnte: vulnerable Personen. Als vulnerabel sind Personen zu bezeichnen, deren Selbstbestimmtheit durch
  • besondere Lebensumstände
  • ihre gesundheitliche Situation
  • ihr Alter
  • ihre kognitiven Möglichkeiten

leicht eingeschränkt werden könnte oder bereits eingeschränkt ist. Sollte eine Einschränkung vorliegen (z.B. Kinder, Menschen mit fortgeschrittener Demenz), muss nicht nur bei dem gesetzlichen Vertreter/ Betreuer eine Einwilligung in ein Projekt erlangt werden,sondern bei den Teilnehmenden selbst fortlaufend gesichert werden, dass keine Ablehnung zur Teilnahme vorhanden ist (ongoing consent).

Forschende

  • Forschende müssen das Wohl der Teilnehmenden fördern, Schaden unbedingt vermeiden und möglichen Nutzen maximieren.
  • Forschende müssen eine mögliche Vulnerabilität der Teilnehmenden explizit reflektieren und formulieren. Eine vorausschauende Einschätzung zur Auswirkung und zu den Risiken der Teilnahme an dem Forschungsprojekt ist vorzunehmen (ethische Prognose) und Vorsorge für den Fall einer Krise bei den Teilnehmenden muss getroffen werden (ethische Prävention).
  • Forschende müssen klar zwischen ihrer Rolle als Pflegende und als Forschende unterscheiden, ohne dabei Schaden bei den Teilnehmenden an einem Forschungsprojekt zuzulassen. Mögliche Rollenkonflikte in einem Projekt sind vorab zu reflektieren.
  • Forschende stellen die Einhaltung der gesetzlichen Datenschutzbestimmungen sicher.
  • Forschende befassen sich mit der möglichen Zuständigkeit anderer Gesetze für ihr Projekt (z.B. Arzneimittelgesetz, Medizinproduktegesetz).
  • Forschende behandeln alle personenbezogenen Informationen im Laufe eines Forschungsprojektes vertraulich.
  • Forschende dürfen keine Zuwendungen, Verträge und Forschungsaufträge akzeptieren, die den genannten Prinzipien widersprechen.
  • Forschende lassen ihr Forschungsvorhaben vor Beginn von einer Ethikkommission prüfen.

Dezember 2016

Für die DGP Prof. Dr. Renate Stemmer (Vorsitzende)

Für die Ethikkommission der DGP Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik (Vorsitzende)