Artikel Pflege & Gesellschaft 1/2002

Neue Regelungen zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherschutzes im SGB XI und im Heimgesetz

Jörg Hallensleben

7. Jahrgang (1) – Seite 1-20 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Am 1. Januar 2002 sind drei Gesetze zur Reform des Heimgesetzes sowie des Elften Sozialgesetzbuches in Kraft getreten. Deskriptiv dargestellt werden die wesentlichen qualitätsrelevanten Neuregelungen aus diesen drei Gesetzen. Eruiert werden auch die Implikationen der Regelungen für die Profession Pflege sowie für die Pflegewissenschaft.
Schlagwörter:

Pflegeversicherung – SGB XI – Heimgesetz (HeimG) – Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG) – Pflegequalität – Qualitätsmanagement – Heimbewohnerschutz – Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) – Demenz

Abstract:

Care quality an the test bed-New regulations to the quality safeguarding and to the refreshment of the consumer protection in the SGB XI and in the nursing home law – Since 1995 nearly the entire German population is compulsatory insured against the risk of requiring long-term rare. Three laws have become effective to the reform of the German Long-Term Care Insurance (SGB XI) as well as the home law an January 1 st, 2002. The essential quality relevant readjustments are represented descriptively in this article. The implications of the regulations for the care profession as well as for the care science are also established.
Keywords:

German Long-Term Care Insurance (SGB XI) – German Nursing Home Law (HeimG)- nursing care quality – quality management – home resident protection – dementia

Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus (KTQ®) – ein krankenhausspezifisches Zertifizierungsverfahren

Gesine Dannenmaier, Susanne Freitag

7. Jahrgang (1) – Seite 21-25 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Die Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus (KTQ®) ist eine Gesellschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V., der Bundesärztekammer und des Deutschen Pflegerates. Die Gesellschaft (KTQ® gGmbH i. G.) wurde am 17.12.2001 gegründet mit dem Ziel, das Qualitätsmanagement durch die Etablierung des krankenhausspezifischen Zertifizierungsverfahrens KTQ® zu fördern. Mit der Überführung des KTQ®-Verfahrens in den Routinebetrieb endet die mehrjährige Projektphase, und den Krankenhäusern wird erstmalig die Möglichkeit geboten, sich der Herausforderung eines KTQ®-Zertifikates zu stellen.

Abstract:

The cooperation for Public Accountability and Quality in German Hospitals (KTQ®) -a certifying procedure for hostpitals-The KTQ is an association of the sickness founds, German Hospital Federation’s, the German Medical Association’s, and the German Nurses Council’s umbrella organizations. The KTQI gGmbH i. G. was founded an December 17, 2001 with a view to promoting quality management by establishing the certifying procedure KTQ® typical for the hospital environment. The implementation of the KTQI procedure in day-to-day operation is endeng the several years project stage, and hospitals are for the ferst time offered the possibility of facing the challenge which lies in obtaining the KTQI certificate.

 

Stab oder Matrix? Organisationssoziologische Überlegungen und empirische Befunde zum Wandel der Aufbauorganisation des Qualitätsmanagements in der Krankenpflege

Rainer Adler, Angret Neubauer

7. Jahrgang (1) – Seite 26-36 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Die bürokratische Organisation Krankenhaus setzt in der Aufbauorganisation des Qualitätsmanagement die Stabstelle der Qualitätsbeauftragten ein. Dadurch wird aber die Anpassung an ständige Veränderung nicht grundsätzlich organisatorisch gelöst. Bürokratische Strukturen und Probleme bleiben erhalten. Der Grund für die Behäbigkeit und Vorsicht in der Reorganisation bürokratischer Aufbauorganisation liegt in deren Bedeutung als latente Struktur. Deshalb ist die Stabstelle zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird aber organisationssoziologisch und empirisch gezeigt, dass die Matrixorganisation den spezifischen Erfordernissen eines Qualitätsmanagement besser entspricht als die Stab-Linien-Organisation. Der Übergang von der Stabstelle in die Matrix erfordert von der Organisation nicht nur einen Organisations- sondern auch einen Kulturwandel, der organisationstheoretisch begründbar ist. Deshalb wird die Organisation Krankenhaus den Wandel zunächst informell als Improvisation und nicht formell und organisatorisch vollziehen, was zu neuen Komplexitäten führt und den Anpassungsprozess blockiert. Moderne Qualitätsmanagementsysteme wie beispielsweise die reformierte DIN ISO 9000 erfordert aber eine flexible und ergebnisorientierte Aufbauorganisation, die fachliche Kompetenzen von disziplinarischen Kompetenzen trennt und die Stellen entsprechend entlastet und bewertbar macht. Hierzu bietet sich die Matrixorganisation an.
Schlagwörter:

Qualitätsmanagement, Qualitätsbeauftragter, Aufbauorganisation, Matrixorganisation

Abstract:

Staffor matrix organization – Organization-sociological considerations and empirical results to the change of the construction organization of the quality managementHospitals use in the construction organization of the quality management the staff job of the quality representatives . However, through this the adaptation to permanent change is not solved organizationally, in principle. Bureaucratic structures and problems remain unchanged. This is due to the slowness and caution of construction organization in the meaning as a latent structure. Therefore the staffjob is not more than a step in the right direction. Sociological and empirical data points out, that the matrix organization better fits for the specif:c requirements of quality management as the staff lines organization. The transition of the staffjob in the matrix required ofthe organization does not only require organization- but also cultural change. Therefore the organization “hospital” will perform the change informally and not formally (organizationally) at farst, what leads to new complexities and the customization process blocks. However a flexible and result oriented construction organization requires modern quality management systems such as the Reformed DIN ISO 9000 which separates the technical competences of disciplinary competences. The matrix organization is suitable for this best.
Keywords:

qualitymanagement, qualityrepresentative, constructionorganization, matrixorganization

 

Artikel Pflege & Gesellschaft 2/2002

Qualitätssicherung für neue Studiengänge in den Gesundheitsfachberufen und sozialen Berufen – Die Akkreditierunsgagentur fur Studiengänge im Bereich Heilpadagogik, Pflege, Gesundheit and Soziale Arbeit (AHPGS) im Gefüge des deutschen Akkreditierungssystems

Angelika Schade

7. Jahrgang (2) – Seite 45-48 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Das Verfahren zur Akkreditierung von Studiengängen mit einem Bachelor- resp. einem Masterabschluss zielt primär auf Transparenz and Qualitätsentwicklung. Die notwendigen Strukturen zum Aufbau eines solchen Akkreditierungssystems sind durch das Wirken des Akkreditierungsrates geschaffen. Die Beschlüsse and Leitfäden des Rates schaffen einen Orientierungsrahmen für die Agenturen, damit these sich in dem neuen Feld der Akkreditierung bewegen können.

Abstract:

The accreditation of courses of studies which end with a bachelor or a master degree aims primarily at transparency and quality development. The necessary structures for setting up such a system of accreditation have been fixed by the accreditation council. The decisions and the guiding principles of the council represent a reference point for the agencies, so that they are able to act in the new field of accreditation.

Die Akkreditierungsagentur für Studiengänge im Bereich Heilpädagogik, Pflege, Gesundheit and Soziale Arbeit “AHPGS” – Bedeutung and Zielsetzung im Kontext der jüngsten Entwicklungen im Hochschulsystem

Margot Sieger

7. Jahrgang (2) – Seite 49-53 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Die AHPGS fördert die Qualitätsentwicklung deutscher Studiengänge in den Gesundheits- und Sozialberufen. Unter dem Dach dieser Agentur werden erstmalig these Berufe zusammengeführt, dabei bietet die Agentur eine Plattform um die Entwicklungen der Gesundheits- and Sozialberufe diskursiv voranzubringen. Damit leistet die AHPGS sowohl strukturell als auch inhaltlich einen wichtigen Beitrag zur weiteren Professionalisierung der Berufe.

Abstract:

The AHPGS promotes the quality development of German university studies within the field of health and .social professions. Under the umbrella of this agency, theses professions are being brought together for the frst time whereby the agency offers a basis for further development of the health and social professions in a discursive manner. Thereby, AHPGS contributes to the process of further professionalisation on the content as well as on the structural level.

Zum Entwicklungsprozess und den Chancen der Professionalisierung in der Pflege, die mit der Einführung des Zertifizierungsverfahrens durch die AHPGS verbunden sind

Ralf Siegel

7. Jahrgang (2) – Seite 54-59 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Die Dekanekonferenz Pflegewissenschaft hat unter dem Vorsitz von Fran Prof. Margot Sieger eine Arbeitsgruppe berufen, die Verfahrensgrundsätze and Qualitätsstandards fur die Akkreditierung (Zertifizierung) von gestuften pflegewissenschaftlichen Studiengängen mit den Hochschulabschlüssen Bachelor/Baccalaurus sowie Master/Magister erarbeitet hat. Diese Verfahrensvorschläge and Standards wurden am 19.02.02 in Würzburg von der Dekanekonferenz beschlossen and eingesetzt.
Für die pflegewissenschaftliche Entwicklung in Deutschland entstehen mit der Einsetzung dieser Standards durch die Akkreditierungsagentur AHPGS vielfältige Entwicklungschancen, da sich die bestehende Hochschullandschaft mit ihren starren Strukturen, Ressourcenbindungen sowie Feldvorteilen radikal and nachhaltig verändert. Die Handlungsautonomie and das Selbstbestimmungsrecht der Disziplin wird über die Zertiflzierung von neuen Bachelor- and Masterstudiengängen eindeutig gestärkt.

Abstract:

The German Conference of Deans in the field of Science in Nursing appointed a working group which – under the presidency of Mrs Professor Margot Sieger – worked out procedural principles and quality standards for the accreditation (certifying) of successive scientic courses of studies with the university degrees Bachelor/Baccalaurus as well as Master/Magister of Science in Nursing. These suggestions of certain procedures and standards were accepted by the Conference of Deans in Würzburg on 19 February 2002. Implementing these standards through the accreditation agency AHPGS offers various chances for the scientific developement of health care in Germany, as the existing universities and colleges with their rigid structures, established resources as well as field advantages are changing radically and lastingliy. The autonomy in taking action and the right of self-determination are clearly strengthened by the certifying new Bachelor and Master courses of studies.

Anspruch und Wirklichkeit – Erfahrungen mit einem Akkreditierungsverfahren

U. Kutschenreuter, G. Käuser, M. Elzer

7. Jahrgang (2) – Seite 60-64 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Der Beitrag befasst sich mit Erfahrungen bei der Akkreditierung des Studiengangs Physiotherapie, der gemeinsam vom Fachbereich Medizin der Philipps-Universitat Marburg and vom Fachbereich Pflege & Gesundheit der Fachhochschule Fulda durchgeführt wird. Die Autoren möchten keine bildungspolitischen Analysen erstellen, sondern einige kritische Anmerkungen zum Akkreditierungsverfahren als Instrument der Qualitätssicherung von Studiengängen machen und skizzieren, wie weft Anspruch and Wirklichkeit in der täglichen Akkreditierungpraxis derzeit noch auseinander klaffen.

Bericht über die Fachtagung “Das Originäre der Pflege entdecken. Pflege beschreiben, erfassen, begrenzen” des DV Pflegewissenschaft und der Sektion Hochschullehre Pflegewissenschaft vom 28.02. bis 01.03.02 an der Humboldt Universität zu Berlin

Elke Müller

7. Jahrgang (2) – Seite 65-66 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Nachdem der DV Pflegewissenschaft in Kooperation mit der Sektion Hochschullehre Pflegewissenschaft erstmalig im September 2000 eine Fachtagung zu einem thematischen Schwerpunkt an der Fachhochschule in Frankfurt/Main angeboten hatte, wurde dieses Veranstaltungskonzept ein weiteres Mal aufgegriffen und dieses Mal mit der Thematik “Das Originäre der Pflege entdecken” in unterschiedlichen Diskussionsplattformen durchgeführt. Als gastgebende Einrichtung konnte in diesem Jahr das Institut für Medizin-/Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft an der Humboldt Universität zu Berlin gewonnen werden. Dessen aktuelle Arbeits- und Forschungsschwerpunkte wurden einleitend von Theo Dassen als Institutsleiter skizziert, während Sabine Bartholomeyczik in ihrer Hinführung zum Tagungsthema auf die mehrere Jahrzehnte währende Tradition des gastgebenden Hauses verwies, Pflegenden selbst schon zu DDR-Zeiten Studienmöglichkeiten an einer Universität einzuräumen.

Das diesjährige Tagungsthema griff einen hochaktuellen Diskussionsschwerpunkt der Pflege auf, um hierüber einen weiteren Beitrag zu ihrer Standortbestimmung zu leisten. Hatten auf der ersten Tagung Überlegungen zur theoretischen Fundierung der Pflege in ihrem Verhältnis zur Pflegepraxis und den sich damit verbindenden kritischen Fragen und Problemen im Mittelpunkt gestanden, so lässt sich diese Tagung vielleicht eher als Idee verstehen, konzeptionelle Anknüpfungspunkte der Pflege auszuloten und zu präzisieren, wie sie sich mit ihren unterschiedlichen Perspektiven auf die Zielgruppe der zu Pflegenden umschreiben lassen. Der Nachmittag des ersten Tages leuchtete daher in seinen Beiträgen die Eckpunkte einer Pflegekonzeption aus, mit der gewohnte Denktraditionen auf ihre Aktualität und Gültigkeit hin befragt werden konnten, während der nachfolgende Freitag Vormittag Gelegenheit bot, in drei parallelen Vortragsangeboten zwischen unterschiedlichen Facetten des ersten Tages und deren Vertiefung auszuwählen. Für manche TeilnehmerInnen verband sich diese Wahlmöglichkeit mit dem Dilemma, zwischen zwei (oder mehren) gleich spannend empfundenen Themen wählen zu müssen.

Zu den Beiträgen im einzelnen:

Als erste Referentin des ersten Tages stellte Charlotte Unzarewicz das Konzept der Leiblichkeit und seine Bedeutung für die Pflege vor, das sie von einem Denkansatz des in Pflegekreisen weitgehend unbekannten Phänomenologen Hermann Schmitz aus entfaltete. Danach umschreibt die Leibkonzeption ein Verhältnis des Ich-seins in der Welt als dynamische Struktur. Körperkonzeptionen hingegen repräsentieren eine von der Umgebung deutlich abgrenzbare Materie, ein “Ding”, das sich als der Welt (unversöhnlich) gegenüberstehend versteht. Gerade aber in der Leibkonzeption steckt ein ungeheurer Fundus, Pflege in ihren personenbezogenen Konzeptionen weiter zu entwickeln, vor allem, wenn sich das eigene Sein in der Welt mit der Fähigkeit verbindet, sich und die Welt in ihrer Wechselwirkung aufeinander zu erspüren.

Susanne Schoppmann berichtete aus ihrer Untersuchung über psychisch kranke Frauen, denen das eigene Spüren in der Welt oder ihre eigene Verortungsmöglichkeit in der Welt abhanden gekommen ist: durch traumatisierende Ereignisse in ihrem Leben haben diese Frauen gelernt, auf Distanz zu sich selbst zu gehen und sich als fremd, maschinenartig wahrzunehmen. Auf der anderen Seite versuchen sie, diesen Zustand durch selbstverletzende Handlungen zu begrenzen. Die Referentin diskutierte dieses Verhalten – im Gegensatz zur oft unterstellten Autoaggression – als besondere Form der Selbstfürsorge, auf das Pflegende mit einem zugewandten Verstehen eingehen können, um die betroffenen Frauen in ihrer Not zu begleiten.

Renate Stemmer fragte in ihrem Beitrag danach, inwiefern der Caring-Gedanke ein sinnvoller Ansatz sein könne, die Essenz der professionellen Pflege näher zu bestimmen. Sowohl der Caring-Begriff an sich als auch seine derzeitige Übersetzung mit “pflegender Sorge” sind einer differenzierten pflegetheoretischen und – wie ich meine – sprachwissenschaftlichen Sondierung zu unterziehen. Der Caring-Gedanke als solcher beinhaltet Konzeptionen des “sich um jemanden Kümmerns”, die nicht nur von der Pflege beansprucht werden. Neben der positiven Bedeutung der zugewandten Sorge konnotiert sowohl der Caring- als auch der Fürsorge-Gedanke mit Bedeutungen der Belastung, Mühsal, Bevormundung. Gerade aber in dieser Doppelbedeutung werden beide Begrifflichkeiten – darauf wies die Referentin hin – erst in Ansätzen pflegetheoretisch diskutiert.

Den Sorge-Gedanken im weiteren Sinne griff Barbara Hellige auf, um diesen mit Ideen der Leibkonzeption einerseits und der Bestimmung von Momenten der Nähe und Distanz andererseits zu verknüpfen: am Beispiel von Menschen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind und deren Krankheitsverlauf ganz wesentlich davon bestimmt ist, es zulassen zu müssen, dass schwindende Selbstsorgekompetenzen mit der sehr nahen Pflege durch andere Menschen kompensiert werden müssen, plädierte sie für ein Konzept des Körperlauschens, das sich mit der erlernbaren Fähigkeit umschreiben lässt, durch ein in-sich-selbst-Hineinhören das Selbst- und das Körperbild (wieder) zu finden und zu stärken, um trotz der schweren Erkrankung dem eigenen Kern nahe zu sein resp. zu bleiben.

Die Diskussion dieses Nachmittages zeigte, dass die Gedanken zu Konzepten der Leiblichkeit zwar vielversprechend für Definitionsanliegen der Pflege erobert werden können, dass aber auf der sprachlich-semantischen Ebene der Leib-Begriff nicht in jedem Fall dazu geeignet ist, den Körper-Begriff als solchen zu ersetzen. Alleine schon Wortneuschöpfungen wie “Körperlauschen” verdeutlichen das Sprachproblem, sobald versucht wird, es in “Leiblauschen” zu verwandeln. Für mich bestätigten die Diskussionen daher abermals die Wichtigkeit, neben pflegewissenschaftlichen Denkansätzen auch linguistische Beiträge in die Auseinandersetzung einzubeziehen, um semantische Unklarheiten zu beheben.

Der Freitag Vormittag war mit ähnlich anspruchsvollen Beiträgen gefüllt und konzentrierte sich auf die drei Themenschwerpunkte:
a) Beratung, Schulung und Information in der Pflege;
b) Konzeptionen, mit denen Pflege als kalkulierbare Leistung erkennbar und erfassbar wird;
c) Körperlichkeit – Leiblichkeit dargestellt an speziellen pflegerischen Problembereichen.

Die inhaltliche Auseinandersetzung in diesen drei Themengruppen wurde zusammenfassend im Plenum referiert und zeigte, dass sie – ohne dass dies in der stattgefundenen Detailliertheit hätte geplant werden können – an zentrale Aussagen des Vortages anknüpften bzw. unabhängig voneinander zu ähnlichen Denkanstößen veranlassten. Darüber hinaus wurde der Tenor der Tagung bekräftigt, dass hiesige Pflege die Phase der schlichten Rezeption importierter pflegetheoretischer Modelle hinter sich gelassen hat, um die Herausforderungen einer eigenständigen wissenschaftlichen Fundierung zu meistern. So lag es auf der Hand, die Veröffentlichung aller Fachtagungsbeiträge anzuregen, was von den TagungsorganisatorInnen mit einer Zusage bedacht wurde. Es ist zu hoffen, dass in jenem Tagungsband die thematische Geschlossenheit der Veranstaltung für die TeilnehmerInnen erinnernd abgerufen werden kann und dass er denjenigen, die nicht dabei sein konnten, vielleicht zu einem nachvollziehenden Leseerlebnis verhilft.

Elke Müller,
Sektion Hochschullehre Pflegewissenschaft.

Artikel Pflege & Gesellschaft 3/2002

Pflegeforschung: Aktuelle Entwicklungstendenzen und -herausforderungen

Doris Schaeffer

7. Jahrgang (3) – Seite 73-79 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Ziel des Beitrags ist es, eine Standortbestimmung vorzunehmen.
Zunächst wird der erreichte Entwicklungsstand der bundesdeutschen Pflegewissenschaft und -forschung skizziert. Dann werden mit Blick auf die bundesdeutsche wie auch die internationale Situation der Pflegeforschung bestehende Probleme and zukiinftige Herausforderungen erörtert. Dabei werden die derzeit gegebenen Rahmenbedingungen, die verfolgten Themenschwerpunkte auf dem Gebiet der Pflegeforschung sowie die präferierten Forschungstypen diskutiert and der Frage nachgegangen, wie Pflegeforschung konturiert sein muss, um zur Lösung der vielfältigen Praxisprobleme beizutragen, aber auch um die Weiterentwicklung dieses in Deutschland noch neuen wissenschaftlichen Fachgebiets vorantreiben zu können. Gerundet werden die Ausführungen mit einem Blick auf die gesundheitspolitische Situation and die Frage, welche Konsequenzen aus ihr für die Pflege, ihre Positionierung im Gefüge der Gesundheitsprofessionen and auch für die Forschung erwachsen.

Abstract:

The aim of the paper is to determine where nursing science and research stands at the moment. The level of development reached to date is first outlined and then the current problems and future challenges discussed, bearing in mind the state of nursing research in Germany. In so doing, the prevailing conditions, the focal points under examination in the field of nursing research and the preferred types of research are discussed and attention devoted to the question of how nursing research will have to be shaped in order not only to help solve a multiplicity of practical problems but also to push development of this still new field of science in Germany and make sure it doesn’t lose contact with international research. The observations are rounded off with a look at the health-policy situation and the question of what consequences it will have for nursing, for the position of nursing in the health-profession system and also for research.

Zur Begutachtung der ethischen Dimension von Pflegeforschung. Eine Problemanzeige

Marion Großklaus-Seidel, Marianne Arndt, Karin Kerstin, Herbert Mayer

7. Jahrgang (3) – Seite 80-85 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

In der deutschen Pflegeforschung werden ethische Probleme, die für mitwirkende Personen (Patienten, Bewohner, Angehörige, aber auch potentielle Patienten, Pflegende und weitere Mitarbeiter im Gesundheitswesen) entstehen, bisher kaum thematisiert. Auch existieren in der Pflege z.Zt. noch keine verbindlichen Strukturen für eine Begutachtung oder Überprüfung der ethischen Dimension von Pflegeforschung. Der Beitrag weist auf mögliche Gefahren in der Forschungspraxis hin und zeigt unterschiedliche Wege des Umgangs mit dieser Problematik auf.
Schlagwörter:

Pflegeforschung – Ethische Begutachtung – Ethikkommissionen

Abstract:

Ethical problems concerning participation in nursing research projects have hardly been discussed in Germany so far. There o no obligatory place for appraisement and review. The contribution demonstrates critical points in nursing research and discusses diferent ways how to deal with these problems.
Keywords:

nursing research – ethical review – institutional review boards

Kenntnisse, Einstellungen und Pflegebereitschaft von ambulant und stationär Pflegenden zu HIV/AIDS und Personen mit HIV/AIDS

Christa Lohnmann, Maritta Välimäki, Tarja Suominen, Ulla Muinonen, Theo Dassen, Ian Peate

7. Jahrgang (3) – Seite 86-94 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Diese Studie beschreibt Kenntnisse, Einstellungen von ambulant und stationär Pflegenden zu HIV/AIDS, ihren Homophobielevel und ihre Bereitschaft Personen mit AIDS zu pflegen. Daten wurden erhoben mittels eines modifizierten Fragebogens. Die Rücklaufquote betrug 66% im ambulanten und 83% im stationären Bereich. Diese Studie zeigt, dass die Pflegenden einen zufriedenstellenden Kenntnisstand über die Thematik aufwiesen. Mangelnde Kenntnisse gab es aber in den Bereichen Immunopathologie, Äthiologie und Symptomatik.
Allgemein zeigten die Pflegenden tolerante und positive Einstellungen und einen geringen Homophobielevel. Pflegende im ambulanten wie im stationären Bereich äußerten eine hohe Pflegebereitschaft. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen ambulant und stationär Pflegenden hinsichtlich Kenntnisstand, Einstellungen zu HIV/AIDS und zur Pflegebereitschaft von Personen mit HIV/AIDS.
Schlagwörter:

AIDS – HIV- Pflegende – Kenntnisstand – Einstellungen – Homophobie – Pflegebereitschaft

Abstract:

Knowledge, attitudes to HIV/AIDS and willingness to care for persons with HIV/AIDS of hospital and home care nurses. The study describes knowledge, attitudes relating to HIV/AIDS and willingness to care for people with HIV/AIDS of German nurses (n= 99) in hospitals and in home care (n= 125). Data were collected using a modified questionnaire. The response rate was 66 % in the home care area and 87 % in hospitals. The results indicated, that nurses in both settings have satisfactory knowledge. Gaps were found regarding Aids immunopathology, ethiology and symptoms of the disease.
In general, nurses in both settings show tolerant and positive attitudes to HIV/AIDS and persons with HIV/AIDS. The homophobia level was low. Nurses had a high willingness to care for persons with HIV/AIDS. No significant differences were found between the nurses in hospitals and in the home care area.
Keywords:

AIDS – HIV – nurses – knowledge – attitudes – homophobia – willingness to care

Das Resident Assessment Instrument (RAI): Ausgewählte empirische Befunde und Konsequenzen für die pflegewissenschaftliche Diskussion in Deutschland

Hermann Brandenburg

7. Jahrgang (3) – Seite 95-102 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Der Beitrag beschäftigt sich mit einem für die Langzeitpflege interessanten Assessment-Instrument, dem Resident Assessment Instrument (RAI). Im Zentrum stehen empirische Befunde zur Reliabilität, Wirksamkeit und dem Theorie-Praxis-Transfer in den USA. Im Gegensatz zu vielen anderen Einschätzungsverfahren in der Pflege handelt es sich bei dem RAI um ein wissenschaftlich überprüftes Instrument, welches in der Praxis die Identifikation und gezielte Förderung von Potenzialen selbstständiger Lebensführung alter Menschen auf eine sichere Grundlage stellen kann. Der Verfasser plädiert für eine kritische pflegewissenschaftliche Prüfung des Verfahrens, wobei sowohl die Möglichkeiten wie auch die Grenzen des Verfahrens benannt werden.

Abstract:

This paper introduces an assessment instrument for long term care, the Resident Assessment Instrument (RAI). The focus is an empirical results regarding the reliability, effcacy and the implementation of the instrument in nursing practice in the USA. Contrary to many other assessment instruments in nursing the RAI is scientifically proofed and offers a good basis for the identification and promotion of independency in old age. The author argues for a critical discussion in nursing science including the possibilities as well as the limits of the RAI.

Konzept zur Förderung des Lerntransfers in der Weiterbildung zur Pflegefachkraft im mittleren Management

Ortrud Sander

7. Jahrgang (3) – Seite 103-109 ISSN 1430-9653

Zusammenfassung:

Der Transfer von Inhalten beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen in den betrieblichen Alltag kann durch Methoden unterstützt werden, die sowohl auf die Belange und Anforderungen der Praxis eingehen als auch die kognitiven Strukturen und Handlungsmuster der Mitarbeiterinnen einbeziehen und miteinander verbinden.
Ein Konzept zur Förderung des Lerntransfers, das diese Überlegungen aufgreift, ist von der Autorin am Städtischen Klinikum Braunschweig entwickelt worden. Es verknüpft die Weiterbildungsform des Lehrgangs als Lernort für theoretische Grundlagen und handlungsbezogene Übungsfelder mit dem Lernort Arbeitsplatz, an dem zuvor Gelerntes unmittelbar in der Komplexität des betrieblichen Alltags umgesetzt wird. Zentral ist die Durchführung von Projekten durch die Teilnehmer/innen in ihrem beruflichen Alltag. Den theoretischen Hintergrund bilden die Handlungsregulationstheorie und Elemente der konstruktivistischen Erwachsenenbildung. Eine Untersuchung über die Auswirkungen des Konzepts auf den Lerntransfer erfolgt zur Zeit und wird von Frau Prof. Dr. Jürgens, Fachbereich Erziehungswissenschaft der TU Braunschweig, Institut für Psychologie, begleitet.

Abstract:

The transfer of contents of measures for further education concerning the occupation into the everyday life of profession can be supported by methods, which enter both with the interests and requirements of practice, include the cognitive structures and patterns of action of the coworkers and interconnect these.
A concept promoting the learning transfer which takes up these considerations, was developed by me. It links the training course as learning place for theoretical bases and professional patterns of action with the learning place workstation, where contents learned before is transferred directly into the complexity of the professional everyday life.
The execution of projects by the participants in their everyday life in occupation has central meaning.The theory of action and elements of the constructivistic adult education form the theoretical background.
At present an investigation is made about the effect of the concept an the learning transfer and is accompanied by Prof. Dr. Barbara Juergens, faculty of Educational Sciences at TU-Braunschweig, Institute of Psychology.

Artikel Pflege & Gesellschaft 4/2002