9. DGP-Hochschultag
Weitere Schritte zur Akademisierung
16.11.2018
Hochschule für Gesundheit Bochum
Thema: Weitere Schritte zur Akademisierung der Pflege
Demographischer Wandel, medizinischer/medizintechnischer Fortschritt und damit verbunden eine Verlängerung des Lebens mit bedingter Gesundheit haben zu einer Komplexität der gesundheitlichen Versorgung geführt, die mit den bestehenden Strukturen kaum noch angemessen bewältigt werden kann. Die aktuellen, teils skandalisierenden Diskussionen um Fachkräftemangel, Pflegenotstand u.ä. machen unmittelbar deutlich wie groß der Handlungsdruck ist Alternativen der Versorgung zu entwickeln. Innovative Lösungsansätze werden dringend benötigt und weitere Schritte zur Akademisierung der Pflege können hier einen Beitrag leisten. Dazu gehören der systematische Ausbau primärqualifizierender Studiengänge in der Pflege, die Entwicklung von Masterstudiengängen im Bereich der klinischen Pflege sowie die Etablierung einer eigenständigen hochschulischen Forschungsstruktur um Pflegewissen entwickeln zu können ebenso wie die gezielte Nutzung pflegewissenschaftlich begründeten Wissens.
Auf dem jährlich stattfindenden DGP-Hochschultag werden regelmäßig Fragen im Schnittstellenbereich von Wissenschaft und Praxis diskutiert. Gleichzeitig dient dieser der Förderung des pflegewissenschaftlichen Nachwuchses, indem er jungen Pflegewissenschaftler/innen die Möglichkeit bietet eigene erste Forschungsergebnisse einem größeren Publikum zu präsentieren. Die Nutzbarmachung dieses qualitativen und quantitativen Potenzials akademisierter Pflegender für die Gesundheitseinrichtungen ist ein wichtiger Schritt, um die erforderliche Innovation voranzubringen.
Die DGP bedankt sich bei der Hochschule für Gesundheit in Bochum, an der in einem eigenen Department für Pflegewissenschaft pflege- und gesundheitsbezogene Studiengänge auf Bachelor- und Masterniveau angeboten werden, für die Unterstützung bei der Durchführung des 9. DGP-Hochschultages.
Unmittelbar Bezug nehmend auf die Akademisierung der Pflege ging Keynote Sprecherin Dr. Maria Schubert von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in ihrem Vortrag auf neue Versorgungsmodelle und Advanced Nursing Practice ein, und diskutierte deren Potential, um den Herausforderungen im heutigen Gesundheits- und Pflegewesen zu begegnen.
Neben den bereits eingangs erwähnten Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegewesen wurde ergänzend auf den Mangel an Hausärzten, geänderten Versorgungsstrukturen und neue Technologien hingewiesen. Aber auch Fragen der Ausbildung, die Akademisierung der Pflege und die damit verbundene Re-Konfiguration von Rollen bedürfen zukünftiger Antworten. Verschiedene neue Versorgungsmodelle, zu denen z.B. „Walk-in“ Centers, die Triage, Transitional Care Models, geriatrische Assessment Teams, präventive Hausbesuche bei älteren Personen, ein Fall Management, Nurse-led Care oder eben auch Advanced Nuring Practice gehören, wurden vorgestellt.
Vertiefter ging Maria Schubert auf die Advanced Nursing Practice (ANP) ein, die gemäß einem Positionspapier der Berufsverbände Deutschlands, Österreichs und der Schweiz wie folgt definiert ist: «Eine Pflegeexpertin APN ist eine Pflegefachperson, welche sich Expertenwissen, Fähigkeiten zur Entscheidungsfindung bei komplexen Sachverhalten und klinische Kompetenzen für eine erweiterte pflegerische Praxis angeeignet hat. Die Charakteristik der Kompetenzen wird vom Kontext und/oder den Bedingungen des jeweiligen Landes geprägt, in dem sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit zugelassen ist.» (Advanced Nursing Practice Positionspapier DBFK, ÖGKV, SBK zu ANP, 2013) Voraussetzung, um als ANP tätig sein zu können, ist ein Masterabschluss in der Pflege bzw. Pflegewissenschaft. Im weiteren Vortrag wurde die erweiterte klinische Praxis genauer beschrieben, die dazu notwendigen Kompetenzen erläutert und auf potentielle Einsatzorte von akademisch ausgebildeten Pflegefachpersonen eingegangen. Eine eigene Auswertung machte deutlich, dass insgesamt in den drei deutschsprachigen Ländern eine kontinuierliche Zunahme von akademischem Pflegepersonal in den Jahren 2000 bis 2014 zu verzeichnen ist. Akademisch spezialisierte Pflegefachpersonen können als ANP’s z.B. im Bereich der Wund- und Stomapflege bei Kindern, Delir bei Patient*innen im Krankenhaus, bei tracheotomierten Patienten, neurochirurgischen Patienten, in der psychiatrischen Pflege oder bei alten Menschen im häuslichen Umfeld eingesetzt werden.
Es bedarf jedoch einer strukturierten Vorgehensweise damit das gelingen kann und Maria Schubert ging in diesem Zusammenhang auf des PEPPA Framework (PEPPA = Participatory, Evidence-based, Patient-centred Process for APN role development, implementation and evaluation) ein, das für das Entwickeln, Einführen und Evaluieren von ANP-Rollen in einem Praxisfeld hilfreich sein kann.
Einen weiteren wichtigen Aspekt innerhalb der Versorgung stellt die Patientensicherheit dar, zu der akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen einen wesentlichen Beitrag leisten können, wie verschiedene Studienergebnisse zeigen. Sie machte auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Anteil an Pflegefachpersonen mit einem BSc und der Regelversorgung im Hinblick u.a. auf Todesfälle, Failure-to rescue, Dekubitus, postoperative tiefe Beinvenenthrombose, pulmonale Embolien sowie die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus aufmerksam.
Zu den zukünftigen Herausforderungen, um ANP’s in der Praxis etablieren zu können, gehören die Stärkung und Definition der ANP-Rolle im jeweiligen Setting, die Regulierung des Titels ANP in Bezug auf Mindestanforderungen bzgl. der Qualifikation, Fragen der Vergütung bzw. Abrechnung erbrachter Leistungen sowie die Klärung rechtlicher Fragen.
Insgesamt ein sehr spannender Vortrag, der aufgezeigt hat, welchen zukünftigen Beitrag akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen für die Steigerung der Versorgungsqualität leisten können, deren (Rollen-)Weiterentwicklung und Integration in bestehende Versorgungsstrukturen jedoch eine Herausforderung für die Zukunft bleibt, dies gilt für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
In diesem Jahr neu, stellte sich eine Gruppe junger Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftler vor, die eine eigene Sektion „Nachwuchs Pflegewissenschaft“ innerhalb der DGP gründen möchten. Die Idee dazu entstand aus der Erfahrung heraus, dass Studierende bzw. Absolvent*innen im Kontext der Pflegewissenschaft teilweise unvorbereitet in anschließenden Aufgabenfeldern (z.B. Projektarbeit, Lehre) tätig werden. Um dem entgegenzuwirken, möchte die Sektion Unterstützung und Orientierung anbieten. Dementsprechend sollen der Erfahrungsaustausch, die Vernetzung und die gemeinsame Zusammenarbeit (z.B. in Projekten, Kolloquien) im Fokus des Tätigkeitsfeldes stehen. Zielgruppe der neuen Sektion sind Studierende (Bachelor, Master), Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler*innen an Universitäten und Hochschulen.
POSTERPREISE
Insgesamt 31 Posterbeiträge wurden in diesem Jahr präsentiert, deren Themenspektrum die (Hoch-) Schulische Bildung sowie den Kompetenzaufbau, das Thema Führung und Qualitätsmanagement in der Pflege, die zielgruppenbezogene Pflegeentwicklung und die praxisnahe Pflegeforschung in unterschiedlichen Settings umfasste. Die Poster wurden von einer wissenschaftlichen Jury unabhängig voneinander bewertet wurden. Zu den Bewertungskriterien gehören die Logik des Aufbaus, die theoretisch-inhaltliche sowie methodische Qualität und die Originalität. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Beachtung ethischer Richtlinien.
Nach konsentierter Entscheidung innerhalb der Jury konnten die drei Posterpreisträger*innen von Prof. Dr. Christa Büker, Vorstandsmitglied der DGP, bekannt gegeben werden.
Den ersten Posterpreis erhielt Vicky Egerer, betreut durch Prof. Dr. Karin Wolf-Ostermann von der Universität Bremen und Prof. Dr. Stefanie Seeling von der Hochschule Osnabrück für ihren Beitrag „Bereitschaft und Haltung von Bürgerinnen und Bürgern zum Einsatz akademisierter Gesundheits- und Krankenpflegekräfte in der primären Gesundheitsversorgung auf dem Land – Ergebnisse einer quantitativen Befragung“.
Der zweite Posterpreis ging an Lars Krüger, Andrè Ramos y Soto, Thomas Mannebach vom Herz- und Diabeteszentrum NRW betreut von Prof. Dr. Martin Moers mit dem Titel „One Minute Wonder- Lernen in nur einer Minute“ .
Den dritten Posterpreis belegte André Muesse von der Katholischen Hochschule NRW mit Betreuerin Prof. Dr. Anke Helmbold mit dem Beitrag „Kinder und Jugendliche als pflegende Angehörige“.
Datum | Zeit | Veranstaltungsort | Kategorien |
---|---|---|---|
16.11.2018 | 11:00 - 17:00 | Hochschule für Gesundheit |